XL steht für Extra Load (zusätzlich verstärkt für kurzzeitige Überlastung), also für mehr Reserven als eigentlich für den entsprechenden Traglastindex nötig sind. Das ist gerade für Transporter oder Zustellfahrzeuge wichtig, die gern mal ungleichmäßig beladen werden oder beim Bordsteinklettern die Reifen stärker beanspruchen. Die Langzeitbelastbarkeit wird dadurch nicht erhöht.
Wichtig ist eigentlich die Zahl, die bei der Reifenbezeichnung in Antwort #7 fehlt, nämlich der Traglastindex (88, 89, 91 oder 92 oder ...). Der darf nicht unterschritten werden. Bei hohem Traglastindex ist ein Reifen oft nur als XL erhältlich, weil die entsprechende Größe dann meist für Transporter eingesetzt wird und man keine Reifen mit "normalem" Aufbau produziert. Die würden so selten verkauft werden, dass sie teurer wären als die XL.
Es gibt Ausnahmeregeln zum Unterschreiten der empfohlenen Traglastindexwerte, aber die bedeuten im Zusammenhang mit einem durch eine Reifenpanne entstandenen Versicherungsfall immer viel Ärger.
Ein Beispiel: Zulässige Achslast der Hinterachse 1.200 kg, der vom Autohersteller empfohlene Traglastindex ergäbe eine Radlast von 700 kg pro Rad, also zusammen theoretisch 1.400 kg Achslast. Man könnte auf einen Traglastindex reduzieren, der 615 kg Radlast ergibt, wodurch 1.230 kg Achslast möglich wären, die ja über den 1.200 kg liegen.
Und jetzt kommt die Gemeinheit und der Grund, warum das so nur in Ausnahmefällen geht und im Falle eines Unfalls viel Gutachterarbeit erforderlich ist: Der Fahrzeugführer sitzt links, der Passagier (die Frau oder der Kollege) sitzt dahinter. Beide sind dick/schwer. Die leichten Kinder sitzen rechts, weil man auf der Beifahrerseite ungefährdeter aussteigen kann (da ist der Fußweg!). Jetzt war man einkaufen und hat Konserven, Steine, Spielsand oder Beton gekauft. Bei Lieferfahrzeugen oder Handwerkerautos sieht das nicht anders aus, nur dass dann hinten keine Kinder sitzen.
Dummerweise ist das linke Hinterrad wegen der schweren Mitfahrer mit 640kg belastet und das rechte Hinterrad nur mit 550. Das macht dem Fahrzeug nichts aus, weil die tatsächlichen Radlasten an der Hinterachse zusammen 1190kg ergeben. Der Stabi gleicht einen Teil dieser Fehlverteilung wieder aus. Die zulässige Radlast des 615kg-Reifens wäre aber überschritten, während der 700kg-Reifen zulassungstechnisch weitere 60kg vertragen würde.
Platzt der Reifen, gibt es Ärger. Wird das Fahrzeug bei einer Polizeikontrolle gewogen (Urlaubszeit, Autobahn, ...) wird es länger dauern, weil wenn technisch möglich auch umgeladen werden muss.
Selbst bei gleichmäßiger Beladung, aber einer längeren Strecke mit Seitenwind, kann bei höheren Fahrzeugen (wie dem Dokker) eine unzulässig hohe Belastung der Räder auf der dem Wind abgewandten Seite auftreten.
Im Falle eines Unfalls schaut der aufnehmende Beamte auch auf die Reifen (Profiltiefe, Reifengröße, Traglastindex) und macht sich nur eine Notiz: "Reifen entsprechen nicht den Papieren". Die steht dann in den Unfallberichten und man darf sich vor Gericht damit auseinandersetzen.
Wie gesagt/geschrieben: Es gibt eine Ausnahmeregelung, die auch noch an weitere Bedingungen geknüpft ist, von der man jedoch im normalen Alltagsbetrieb keinen Gebrauch machen sollte.
Gruß
MadGyver